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Gießhalle Sayner Hütte – Beleuchtungskonzept

Sayn oder nicht Sayn? Die Frage stand lange zur Debatte, bevor der Fortbestand der historischen Gießhalle von 1830, die auf eine in den Jahren 1769 bis 1770 gegründete und von 1815 bis 1864 im Besitz des preußischen Staates befindliche Eisenhütte zurückgeht, endgültig geklärt war. Nach mehreren Wechseln der Besitzer, zu denen das Unternehmen Alfried Krupp gehörte, nach unterschiedlichen Nutzungen und Umbauten erfolgte 1927 die Stilllegung und das industrielle Areal mitsamt der Gießhalle war fortan dem Verfall anheim gegeben. 1974 – drei Jahre, nachdem der Halle der Abriss gedroht hatte – kaufte ein benachbarter Unternehmer das Bauwerk und restaurierte es unter wissenschaftlicher Betreuung durch das Landesamt für Denkmalpflege mit hohen Beihilfen des Landes Rheinland-Pfalz und der Bundesrepublik Deutschland. 2004 ging das gesamte Areal wieder an die Stadt Bendorf, welche die Gießhalle nun zwecks kultureller Nutzung erhalten wollte. In demselben Jahr gründeten einige Bürger den gemeinnützigen Verein „Freundeskreis Sayner Hütte“, auf deren Initiative später die gleichnamige Stiftung als heutiger Träger des Industrie-Denkmals gegründet wurde. In den Sanierungsarbeiten von 2012 bis 2015 wurde die historische Hallenkonstruktion aus längs- und quertragenden Korbbogenbindern, die vorwiegend durch Steckverbindungen in den Knotenpunkten auf Säulen aufgelagert sind, ertüchtigt. Zudem wurde auf alle gusseisernen Elemente ein langfristig wirksamer Korrosionsschutz aufgebracht.

Im 19. Jahrhundert war die Sayner Hütte eine der größten und leistungsfähigsten in Preußen. In ihrer historischen Gießhalle entstand neben Rohren, Schienen, Kanonen und Munition für den Ausbau der Koblenzer Festungen seit 1817 auch sogenannter Eisenfein- oder Kunstguss. Im Tiegelgussverfahren wurden Leuchter, Schreibutensilien und filigraner Schmuck produziert. Auch in der Baukunst erwarb die Sayner Hütte eine bis heute anhaltende Reputation, denn sie leitete die Epoche der weit gespannten Tragwerke aus Gusseisen ein, die für den Bau von Brücken, Bahnhofshallen und Industrieanlagen pionierhafte Bedeutung erlangten und selbstverständlich in der eigenen Gießhalle verbaut sind. Sie gilt als das erste große Hallenbauwerk mit freitragender Gusskonstruktion auf dem Kontinent.

Nicht sichtbar montierte Linealuce-Profile mit RGB-LED in Wall Washer-Optik von iGuzzini leuchten das Dach des Mittelschiffs gleichmäßig farbig aus. Der Rotton orientiert sich an der Farbigkeit der Holzbalken und Ziegel. Mittels DALI-Steuerung sind andere Farbtöne einfach einstellbar. Foto: Thomas Naethe

Wall Washer leuchten das Dach gleichmäßig aus
Dank des Beleuchtungskonzepts hat die Halle in der Bauform einer dreischiffigen Basilika mit erhöhtem Mittelschiff und tageslichtdurchflutetem Obergaden, die sich am Abschluss ihrer mehr als 43 Meter langen Längsausdehnung mit einem beeindruckenden, gläsernen Westportal nach außen öffnet, auch bei Dunkelheit nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt. Wo einst in der Eisenschmelze unterhalb der Dachfläche des Mittelschiffs loderndes Rohmaterial seinen Weg aus dem an die Ostfassade angrenzenden Hochofen in die Produktion nahm, wird der Bereich heute mittels nicht sichtbar montierter Linealuce-Profile mit RGB-LED in Wall-Washer-Optik (iGuzzini) zum Glühen gebracht. Der Rotton der kreuzweise nach oben strahlenden Linearleuchten, die auf den zwei parallel zur Hauptachse laufenden Kranbahnen der Transportstraße aufgebracht sind und das Dach gleichmäßig ausleuchten, orientiert sich an der Farbigkeit der Holzbalken und Ziegel und erzeugt eine Reminiszenz an das verflüssigte, aus dem Hausberg gewonnene Eisenerz. Den jeweiligen Nutzerwünschen entsprechend, sind andere Farbtöne einfach mittels DALI-Steuerung einstellbar.
Die Innenfassade im Osten wird von der hohen Mauerwerkswand des Hochofens gebildet, der die Gießhalle zum Berg hin abschließt. Hier wurde der Leuchtenklassiker Linealuce als Bodeneinbauleuchte verwendet. Die Wandfluter arbeiten die Plastizität der unregelmäßigen Oberflächenstruktur fein heraus und begrenzen die Halle mit einem hellen, besonders homogenen und völlig schattenfreien Fond, der sich gegen das Tragwerk, die vertikalen Säulen und die Kranbahnen aus dunklem Gusseisen abhebt. Nur bei dieser vertikalen Beleuchtungslösung wurde mit Direktlicht gearbeitet. Alle anderen Wände in der Gießhalle werden ausschließlich durch indirektes Licht erhellt.

In der historischen Gießhalle akzentuiert kühles, engstrahlendes Licht (Mini Woody von iGuzzini) die auf Kugellagern ruhenden Schwenkkräne. Foto: Johannes Roloff

Warm-weißer Lichtraum und kühles Akzentlicht
Die Innenfassaden und die Dachflächen der beiden Seitenschiffe profitieren von dem reflektierten Licht der rein horizontalen Allgemeinbeleuchtung. Sie wird mit breitstrahlenden Woody-Leuchten (LED) von iGuzzini realisiert, die den dunklen Boden direkt anstrahlen und mit 3.000 Kelvin einen warm-weißen Lichtraum kreieren. Zur Schaffung eines subtilen Lichtfarben-Kontrastes und zugunsten eines guten Fernsicht-Effekts der leicht glimmernden Oberflächen der mehr als sechs Meter hohen gusseisernen Stützen wählten die Planer für deren Akzentbeleuchtung ein kühles Licht, das die Hohlsäulen an zwei Seiten von oben mit enger Abstrahlcharakteristik (Mini Woody) inszeniert. Kühles, engstrahlendes Licht betont auch die auf Kugellagern ruhenden Schwenkkräne und die Fischbauchträger. Im Zusammenspiel mit der funktionalen Allgemeinbeleuchtung verleiht das Akzentlicht dem Raum eine Dramaturgie mit Gewichtung des Mittelschiffs, dessen Spannweite von 7,85 Meter die der Seitenschiffe nur wenig überragt.

Da Eingriffe in die denkmalgeschützte Struktur der Halle und somit auch Bohrungen zur Montage der Leuchten Tabu waren, haben die Planer eine Sonderlösung koordiniert. Die in enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden in derselben Farbe wie die gusseisernen Bauteile lackierten Woody Leuchten wurden mittels Spezialverfahren ohne Schrauben an den Kranbahnen befestigt.

Durch die aufwendige Sanierung und das auf die Bauform zugeschnittene Beleuchtungskonzept aus funktionalem Licht für den unteren Hallenraum und Effektlicht für den Dachraum ist das älteste mit Gusseisen konstruierte Hallenbauwerk zu neuem Leben erwacht. Die mittels DALI einzeln und in Gruppen steuerbaren Leuchten, für die unterschiedlichste Szenarien hinterlegt sind, erlauben eine vielfältige Nutzung für das „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ (Bundesingenieurkammer, 2010).

Bauherr: Stadt Bendorf, http://bendorf.de

Nutzer: Stiftung Sayner Hütte, http://saynerhuette.org/stiftung

Projektgröße: 1.150 qm

Beleuchtungskonzept: Licht Kunst Licht AG, Johannes Roloff, http://lichtkunstlicht.com

Leuchten: iGuzzini illuminazione Deutschland GmbH, http://iGuzzini.com/de

Auf die Bauform zugeschnitten: Funktionale, rein horizontale Allgemeinbeleuchtung für den unteren Hallenraum (Woody) und Effektlicht für den Dachraum (Linealuce). Kühles Akzentlicht aus Mini Woody Strahlern setzt zudem einen spannenden Kontrast im unteren, warm-weißen Lichtraum. Alle Leuchten sind von iGuzzini. Foto: Thomas Naethe

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