Mehrere Optionen testete das Team von Ingenieure Bamberger für die Beleuchtung der ehemaligen Schmitt’schen Villa, einem denkmalgepflegten Gebäude aus der Gründerzeit, welches die Stadt Fulda und die Franz Erhard Walther Foundation dem Frühwerk des gleichnamigen in Fulda gebürtigen Ausnahmekünstlers widmen. Bei der Collection Seng, einer teilweisen Schenkung des Sammlers und Künstlerfreundes Gisbert Seng an die Stadt, handelt es sich um textile Arbeiten sowie Skizzen auf Papier.
Nach Prüfung verschiedener Beleuchtungsvarianten kristallisierte sich für die Planer heraus, dass die Exponate in der wohnlichen Umgebung nur dann zur vollen Geltung kämen, wenn die Beleuchtungskomponenten im Hintergrund blieben. In den kleinskaligen Ausstellungsräumen wollten sie daher die Sichtbarkeit der Leuchtenkörper so zurückhaltend wie möglich gestalten und in den Räumen mittels einer unauffälligen und wohl ausgewogenen Grundhelligkeit an den Wänden einen angemessenen Rahmen zur Präsentation der Exponate schaffen. Ein besonders filigranes, dezentes Stromschienensystem mit nach oben strahlenden LED-Linien bot sich für die Umsetzung dieses Konzepts an. Nach präzisen Berechnungen herrschte für Ingenieure Bamberger Klarheit, welche Abstandsweite des Stromschienensystems zur Wand ein weitgehend homogenes Lichtbild auf den Wänden garantiert. Die Abstandsweite zur Decke wurde vor Ort nochmals an die räumlichen Gegebenheiten hinsichtlich der Sichtachsen in jedem einzelnen Raum adaptiert. Damit konnte in allen Achsen und Perspektiven die für den Gesamtraumeindruck passendste Positionierung erreicht werden.
Dank starker Reduzierung der Aufhängung scheinen die Lichtstrukturen zu schweben
Zur Erzielung eines besonders leichten und transparenten Eindrucks wurde die Aufhängung der Strukturen stark reduziert. In den Räumen mit historischen Decken tragen deckenbündig montierte, 28 mm kleine Hülsen filigrane Stahlseile, an denen die rechteckig oder quadratisch ausgebildeten Konfigurationen im Raum zu schweben scheinen. In den Räumen mit modernen Decken hingegen wurden nur die Stahlseile in die Decke montiert.
Zusätzlich zu der diffusen Beleuchtung bietet die Stromschiene die Option, gezielt Strahler einzusetzen. Die wechselnde Ausstellungsgestaltung der Exponate kann so jederzeit individuell akzentuierend unterstützt werden. Um auf jede Ausnahmesituation professionell reagieren zu können, erarbeiteten Ingenieure Bamberger ein Raster für die Aufnahme von Strahlern. Zu diesem Zweck wurden die Stromschienenstrukturen um Querstege ergänzt.
Speziell gewählte Lichtfarbe wahrt den wohnlichen Charakter der Räume
Der sehr schmale Lichtaustritt der nur 1 cm breiten und 3 cm hohen Stromschiene stellte eine Herausforderung dar. Um mit einer breiteren Lichtverteilung einen weicheren Lichteindruck zu erzeugen, entwickelte der Hersteller nach den Wünschen der Planer eigens für dieses Projekt eine neue Optik.
Die nach den Erfahrungen von Ingenieure Bamberger in Museen üblichen kühlen Farbtemperaturen (ab 4.000 K und höher) wurden nach verschiedenen Tests vor Ort in intensiver Abstimmung mit den Kuratoren präzise auf die wärmere Lichtfarbe von 3.900 K herabgesetzt, um den wohnlichen Charakter der Räume zu wahren. Diese speziell gewählte Lichtfarbe, die auch beim Hersteller erstmals zum Einsatz kam, harmoniert mit dem Tageslichteintrag durch die fast deckenhohen Fenster. Das gewählte Spektrum mit einem CRI von 95 passt zudem ausgezeichnet zu der Farbigkeit der Exponate. Bei den Musteraufbauten mit den Originalen fiel dies auch dem Künstler positiv auf.
Bezüglich des Lichtniveaus galt zu beachten, dass sich im Repertoire des Künstlers nicht ausschließlich LKW-Planen, sondern auch empfindlichere Textilien als Werkstoffe befinden. Zudem gibt es zahlreiche Skizzen auf Papier. Aus diesem Grund hat die Franz Erhard Walther Foundation eine etwas niedrigere Lichtintensität bevorzugt als die von den Lichtdesignern geplanten maximal möglichen 300 Lux. Mittels einer einfach bedienbaren Casambi-Steuerung lassen sich die Systeme flackerfrei bis auf 0,9 Prozent herunterdimmen.
Der Verzicht auf auffällige Beleuchtungsobjekte wurde sehr konsequent bis hin zu den Sicherheitsleuchten verfolgt. Jede Stromschienenkonfiguration ist so geplant und entwickelt, dass sie über zwei Einspeisungen in 6 mm dicken Röhrchen verfügt und somit auch den Anfordernissen der Sicherheitsbeleuchtung entspricht. So konnte auf entsprechende separate Leuchten verzichtet werden.
Beleuchtungskonzept des Innenraums setzt sich im Außenraum konsequent fort
Da Fulda die erste Sternenstadt Deutschlands ist, haben die Planer hier eine hohe Kontrolle der Lichtverschmutzung in den Vordergrund gerückt. Dem Beleuchtungskonzept des Innenraums blieben Ingenieure Bamberger bis in den Außenraum konsequent treu. Es wurde daran gefeilt, die Beleuchtungskörper so reduziert wie möglich erscheinen zu lassen. Die Planung wurde so weit optimiert, dass mittels eines sehr filigranen Mastkörpers eine einzige Montageposition realisiert werden konnte. Zwecks Vermeidung unnötiger Emissionen beschränkten sich die Planer auf möglichst wenig Lichtpunkte mit hohem Entblendungsgrad und ergänzend zur Mastleuchte auf möglichst wenig und flach strahlende Bodeneinbauleuchten, die ihr Licht fächerförmig auf die Zuwegung zu dem an der Seite des Gebäudes befindlichen Aufzug abgeben. Der Haupteingang befindet sich zentral an der Gebäudefront und ist über eine Treppe erreichbar. Seine dezente Aufhellung erfolgt über das Vordach. So wirkt die Villa in der Nachtansicht hauptsächlich durch ihre Innenraumbeleuchtung.
Effizient: Beleuchtung liegt weit unterhalb vergleichbarer Ausstellungsbeleuchtungen
Mit seinem extrem reduzierten Materialeinsatz sowie der Umsetzung der Anforderungen an die Sternenstadt erfüllt das im Objekt eingesetzte Beleuchtungssystem schon per se einen wichtigen Aspekt der Nachhaltigkeit. Zudem hat die Beleuchtung dank ihrer ausgezeichneten und bis ins Detail optimiert geplanten LED-Technologie eine Effizienz von 1,26 W/m² bei 100 Lux auf der Ausstellungsfläche und liegt damit weit unterhalb vergleichbarer Ausstellungsbeleuchtungen.
Fokus gehört allein den Exponaten
Mit der ganzheitlichen konsequent und feinfühlig geplanten sowie optimierten Beleuchtung hinsichtlich der Beleuchtungskörper und der Lichtgestaltung ist es gelungen, dass sich beim Durchschreiten der Villa eine Sehgewohnheit einstellt, die jeden Wettbewerb zwischen dem Beleuchtungssystem und der Kunst ausschließt und die Exponate ganz selbstverständlich zur Wirkung kommen lässt. Insbesondere dem Künstler kommt dieses Konzept entgegen. Während der Eröffnung äußerte sich Franz Erhard Walther neben vielen Besuchern begeistert über das Licht und bedankte sich persönlich bei Ingenieure Bamberger.
Autorin: Petra Lasar